Derek Sellman:
Werteorientierte Pflege. Was macht eine gute Pflegende aus? Grundlagen ethischer Bildung für Pflegende
Herausgeber: Diana Staudacher
SBN: 9783456856650
2017, 152 Seiten, 29,95 €

 

Ethik ist allgemein eine kritische Theorie der Moral. Der Gegenstand und die Aufgabe der Pflegeethik sind demzufolge die kritische, sittliche Reflexion des pflegerischen Handelns und Planens.
Ebenso wichtig sind die Organisationsstrukturen und die vorhandenen Ressourcen einer Einrichtung, in der Pflege stattfindet. Denn diese haben erheblichen Einfluss auf das Pflegegeschehen, auf die alltäglichen und routinierten Abläufe. Die organisatorischen Rahmenbedingungen beeinflussen nicht nur das Handeln der pflegenden Personen. Sie bestimmen auch die Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner einer Einrichtung oder im Krankenhaus.

Nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Pflege und in der Altenhilfe treten ethische Fragestellungen, bisweilen auch Konflikte auf, deren Lösung nicht nur ein intensives Nachdenken und eine bestimmte Kommunikationskultur, sondern auch ein gewisses ethisches Fachwissen verlangen. So ist neben der Medizinethik in jüngerer Zeit auch eine eigenständige Pflegeethik entstanden. Fragen in diesem Zusammenhang können sein:

Wie weit reicht die Verantwortung des Pflegepersonals für den Patienten/ Bewohner? Wie weit ist er für sich selbst verantwortlich? Welche Verantwortung tragen Angehörige?
Was soll man tun, wenn Patienten oder Bewohner (in den Augen der Pflegenden) unverantwortlich handeln?
Welche Konflikte zwischen der Eigenverantwortung des Patienten oder Bewohners und der Verantwortung der Ärzte oder Pflegenden kann es geben?
Welche Formen gemeinschaftlicher Wahrnehmung von Verantwortung gibt es? Welche Formen der Kooperation sind möglich oder notwendig?

Die Anwendung und Einübung von Ethik in der Pflege darf daher nicht als störend für den "Betriebsablauf" empfunden werden. Ohne Ethik dagegen geht die patientenorientierte Pflege verloren. 

Im Buch von Derek Sellman werden diese Aspekte von "Pflege" erörtert.  Sellman betont, dass Patienten auch Wert darauf legen, dass Pflegende nicht nur fachkompetent sind (dies wird vorausgesetzt), sondern auch über ethische Tugenden (z.B. Vertrauenswürdigkeit, Ehrlichkeit und Offenheit) verfügen.

Deshalb plädiert Derek Sellman dafür, pflegerische Ethik auf professionelle Tugenden zu gründen - statt auf ethische Regeln und Normen. Die ethische Leitfrage sollte nicht lauten „Was sollen wir tun?“, sondern „Wodurch sollten wir uns als Menschen (Pflegende) auszeichnen?“.
Das einleitende Essay betrachtet Derek Sellmans philosophische Fundierung der pflegerischen Praxis und Ausbildung im Licht europäischer Forschungsdiskurse.