Buchtipp - Thorsten Benkel | Matthias Meitzler | Dirk Preuß: Autonomie der Trauer

Benkel | Meitzler | Preuß
Autonomie der Trauer

Zur Ambivalenz des sozialen Wandels

Von AkadR Dr. Thorsten Benkel, Matthias Meitzler, M.A., Dr. Dr. Dirk Preuß

https://www.nomos-shop.de/

"Was ist denn eigentlich Trauer? Ich weiß das gar nicht.Ich weiß auch gar nicht so genau, wie ich eigentlich trauere und ich hab‘ festgestellt, dass das so ‘ne ganz komische Sache ist,die von einem erwartet wird,von der man aber selber gar nicht weiß, wie das geht." (Interview M8, 6:52)

Dieses Eingangszitat charakterisiert das derzeitige gesellschaftliche Verhältnis und den Umgang mit einem grundsätzlich völlig normalen Gefühl nach einem Verlust.

Dass sich die Bestattungs- und Friedhofskultur seit einigen Jahren in einem Umbruch befindet, ist mittlerweile auch der breiteren Öffentlichkeit bekannt. Trauerrituale sind nicht mehr Ausdruck eines allgemeinverbindlichen Sinnangebots - es sind viele facettenreiche Lebenswelten, die sich auch im Sterben und Tod widerspiegeln. Die Gründe dieser Veränderung wurzeln in der zunehmenden Individualisierung.

Thorsten Benkel und Matthias Meitzler (beide Passau; mit Dirk Preuß, Hannover) haben zwischen 2015 und 2018 Menschen interviewt, die sich die Asche ihrer verstorbenen Angehörigen aushändigen ließen, um sie nicht auf einem Friedhof zu bestatten zu müssen. Hierfür wurden die eigenen Räumlichkeiten, der eigene Garten oder die offene Natur ausgewählt. Dass dies nicht dem geltenden Recht in Deutschland entspricht, war den Beteiligten bewusst.

Wichtig und interessant ist auch der Beitrag von Dirk Preuß zum Thema "Normen und Umgang mit Trauernden. Ethische Überlegungen" (S. 165ff.), in dem sich der Autor dafür ausspricht, die Mitnahme der Asche eines Angehörigen nicht unbedingt zu empfehlen, aber eben diese Mitnahme auch nicht verbieten sollte.

Zum Schluss stellen die Autoren acht Vorschläge vor, wie dem von ihnen beobachteten Einstellungswandel begegnet werden könnte. Dabei spielt der Friedhof als  "Ort der Verbote" (z.B. durch Friedhofsordnungen) eine wichtige Rolle - denn so wird er von vielen Menschen empfunden. Doch der Friedhof sollte als Ort, an dem sich "Trauer frei und uneingeschränkt entfalten kann", empfunden werden. Demnach sollten Friedhöfe eigene Alternativen zu den sogenannten alternativen Bestattungsformen entwickeln, um der bestehenden "Friedhofsflucht" zu begegnen.

 

Benkel | Meitzler | Preuß
Autonomie der Trauer
Zur Ambivalenz des sozialen Wandels
Von AkadR Dr. Thorsten Benkel, Matthias Meitzler, M.A., Dr. Dr. Dirk Preuß

2019, 220 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-8487-6032-9
https://www.nomos-shop.de

 

 

 

 

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