Buchtipp - Axel W. Bauer: “Normative Entgrenzung”

Axel W. Bauer
Normative Entgrenzung
Themen und Dilemmata der Medizin- und Bioethik in Deutschland
Verlag Springer VS, 2017

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Das Buch bietet in 24 Kapiteln einen systematischen Einblick in methodische und thematische Fragen der Medizin- und Bioethik in Deutschland von 1995 bis 2016.

Der Autor, Leiter des Fachgebiets Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, hat die bioethischen Debatten in Deutschland in den letzten 20 Jahren maßgeblich mitgestaltet hat.
Interessant ist insbesondere die Auseinandersetzung mit dem historischen Wandel von Moralvorstellungen (u.a "Der Hippokratische Eid"). Denn bevor Axel W. Bauer Medizinethiker wurde, war er Medizinhistoriker. So vertritt er in Anlehnung an die Philosophen John Searle und Rafael Ferber eine "metaethische Theorie, der zufolge moralische Aussagen als institutionelle Tatsachen dargestellt werden müssen, die durch kommunikative Aushandlung und Vereinbarung innerhalb einer Sprach-, Kultur-, Glaubens- oder Rechtsgemeinschaft etabliert, tradiert und modifiziert werden". Bauer liefert zudem eine sehr gute Definition der Würde des Menschen als "de[r| rechtliche Ausdruck des Respekts vor der zu jedem Zeitpunkt konstanten Gesamtheit aus Potenzialität und realisierter Wirklichkeit eines menschlichen Lebens". Diese Definition wird zudem relevant für das letzte Kapitel "Der Mensch am Lebensende", denn die postmortale Würde des Menschen gerät zunehemend in den Hintergrund in einer modernen, professionalisierten und dienstleistungsorientierten Gesellschaft.

Das "Buch beginnt mit metaethischen Aspekten der Relation zwischen Ethik und Moral sowie mit der keineswegs unproblematischen Fächerkombination von Medizinethik und Medizingeschichte an deutschen Universitäten. Sodann werden zentrale bioethische und biopolitische Diskursfelder wie Stammzellforschung, Präimplantationsdiagnostik, prädiktive Medizin sowie Sterbehilfe und Transplantationsmedizin erörtert, die ausnahmslos brisante normative Probleme am Beginn und am Ende des menschlichen Lebens betreffen.

 

Aktueller denn je ist auch die Thematik „Hirntod, Organentnahme, Tod“ im Kontext der Transplantationsmedizin: Denn ob mit dem Hirntod tatsächlich das Leben aufhört, scheint nicht eindeutig beantwortbar. Neue wissenschaftliche Untersuchungen zeigen hier ein differenzierteres Bild. Und auch der Deutsche Ethikrat stritt darüber, ob hirntote Patienten bei der Entnahme von Lunge oder Herz noch leben.

Zum Inhalt:

I. Aufgaben, Methoden und Aporien der Medizinethik
II. Moralische Leitlinien der Medizin im historischen Wandel
III. Heilen durch Töten? Ethische Probleme der Stammzellforschung
IV. Geschöpf oder Produkt? Der Mensch am Lebensanfang
V. Sollen wir sterben wollen? Der Mensch am Lebensende


Zum Autor:
Prof. Dr. med. Axel W. Bauer ist Leiter des Fachgebiets Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg.


Axel W. Bauer
Normative Entgrenzung
Themen und Dilemmata der Medizin- und Bioethik in Deutschland
Verlag Springer VS,
300 S., 2017
ISBN 978-3-658-14033-5

 

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