Buchtipp - Thorsten Benkel: “Die Verwaltung des Todes. Annäherungen an eine Soziologie des Friedhofs

Die Verwaltung des Todes
Annäherungen an eine Soziologie des Friedhofs
Von Thorsten Benkel
mit einem Beitrag von Matthias Meitzler

Der Tod beendet das Leben – aber beendet er auch soziale Verhältnisse? Sterben ist stets das Sterben des Einzelnen. Der Friedhof, die »Verräumlichung« des Sterbens, steht jedoch für eine übersubjektive Vergemeinschaftung, die den Toten Platz und eine über die Erinnerung des sozialen Umfeldes hinaus reichende Adressierbarkeit gewährt. Obwohl er von erheblicher gesellschaftlicher Relevanz ist, fristet der Sinnrahmen der Sepulkralkultur in der Soziologie bislang ein Schattendasein.

Niemand ist toter als der andere. Die Hinterbliebenen haben auf dem Friedhof die Möglichkeit, durch Sinnsetzungen und symbolische Abschiedsrituale mit dem Tod, vor allem aber mit dem Leben der Verstorbenen umzugehen. Zuvor setzt die Verwaltung des Todes ein: Die Transformation des lebendigen Leibes in einen toten Körper wird von institutionellen Mechanismen begleitet, für die sozialpsychologische Dimensionen eher nebensächlich sind. Die gängigen Bestattungsriten zeigen, dass bei einem Todesfall Handlungen akut werden, die den Tod als »Sinnmotiv« für Bedeutungskontexte nehmen, die sich die (Über-)Lebenden selbst errichten.

Logos Verlag

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Kaum ein Friedhofsbesucher macht sich klar: Ich gehe über Tausende von Leichen. Vorliegend werden beide Perspektiven integriert: Auf die Analyse der Verwaltungsabläufe, die in Gang kommen, wenn einer stirbt, folgen – vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Relevanz der Sterblichkeit – Konturen einer Soziologie des neuzeitlichen Friedhofs.

Während das Sterben zunächst immer ein Individuum betrifft, so ist im weiteren auch immer das soziale Umfeld betroffen. Dies gilt nicht zuletzt für jene "Verräumlichung" des Sterbens, die der Friedhof repräsentiert. Im Gegensatz zu anderen Disziplinen spielte der Friedhof in der Soziologie bisher kaum eine Rolle, dieses Desiderat wird durch den vorliegenden Band kompensiert. Thorsten Benkel untersucht die Sinnsetzungen, Bestattungsriten und symbolischen Abschiedsrituale, die sich beim Tod entfalten und auf dem Friedhof manifestieren. Der Frankfurter Soziologe Thorsten Benkel legt hiermit – nach der Studie von Andrea Gerhardt über "‘Ex-klusive Orte’ und normale Räume" (2007) – eine erneut sehr instruktive, theoretisch orientierte Arbeit über den Friedhof vor. Sie zeigt die Konturen einer Soziologie des modernen Friedhofs auf. Der Band enthält auch einen einführenden Beitrag von Matthias Meitzler über die "Professionalität der Todesverwaltung". Insgesamt erlaubt das Werk neue, originelle Perspektiven auf den Friedhof.

Über die Autoren:
Dr. Thorsten Benkel
Studium der Soziologie, Psychologie, Philosophie und Literaturwissenschaft. Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Habilitand an der Goethe-Universität Frankfurt.
Mehr Informationen

Matthias Meitzler, M.A.
Studium der Soziologie, Psychologie, Geschichte, Ethnologie und Psychoanalyse. Forschungsschwerpunkte: Thanatosoziologie, Wissenssoziologie, Devianzforschung.

173 Seiten
Ladenpreis: 23,50 Euro
ISBN 978-3-8325-3126-3
Logos Verlag Berlin

 

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