Der Tod vor der Haustür

Es ist nicht üblich, dass im Sargsplitter über konkrete und aktuelle Todesfälle berichtet wird.
Doch dieses Mal ist es anders: Vor der Haustür der Sargsplitter-Redaktion hat sich in dieser Woche ein tragisches Unglück ereignet, bei dem einem die Worte fehlen.

Die Pressemeldung der Berliner Polizei vermeldet dazu aktuell:
Eingabe: 22.07.2006 - 20:20 Uhr
Anastasia Bierkamp tot geborgen
"Nur noch tot konnten gestern am frühen Nachmittag Taucher der Polizei die seit Dienstag vermisste Anastasia Bierkamp aus Oranienburg im Tegeler Hafen auffinden. Die Bergung des Mädchens erwies sich als besonders schwierig, da sie in einem Entwässerungskanal feststeckte. Vermutlich ist Anastasia beim Baden ertrunken. Die Polizei ermittelt weiter, eine Obduktion ist angeregt."


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Gedenken an die tödlich verunglückte, achtjährige Anastasia

 

Es war war ein heißer Sommertag, es sind Ferien und Anastasia wollte nur ein wenig Spaß...
Das Drama hatte am vergangenen Dienstag (18.7.) begonnen, als die achtjährige Anastasia beim Baden im Tegeler plötzlich nicht mehr auffindbar war. Der Vater hatte das Kind nach eigenen Angaben aus den Augen verloren. Daraufhin hatte die Polizei mit einem Großaufgebot nach dem Mädchen gesucht.

Nach Tagen der Ungewissheit ist aus den Befürchtungen nun traurige Gewissheit geworden: Die achtjährige Anastasia ist ertrunken.
Die Leiche des Mädchens wurde dann heute, Freitag, 22.07. 2006, nach dreitägiger Suche von Tauchern in einer Entwässerungsleitung des Tegeler Hafens geborgen.
Die Ursache für den Tod des Mädchens ist noch nicht geklärt. Die Unglücksstelle im Tegeler Hafen werde derzeit genau untersucht, sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Die inzwischen zweifelsfrei identifizierte Kinderleiche wird zudem obduziert, um die genaue Todesursache zu ermitteln. Anzeichen für ein Verbrechen gebe es aber nicht.
Soweit die Fakten - Fakten eines tödlichen Unfalls, der hätte vermieden werden müssen!

Denn Rätselraten herrscht weiter darüber, wie das Mädchen in den Entwässerungskanal gelangen konnte. Der obere Teil hätte verschlossen sein müssen. Für die Wartung der Anlage ist das bezirkliche Garten- und Straßenbauamt verantwortlich, die Arbeiten werden aber - wie so oft - an Spezialfirmen vergeben. Es werde nun geprüft, ob es hier Versäumnisse gegeben habe, sagte ein Polizeisprecher.
Noch am vergangenen Wochenenden fanden im Hafenbecken Reinigungsarbeiten statt. Dazu wird das Wasser abgelassen, um anschließend mit Spezielfahrzeugen die Verunreinigungen (z.B. Algen, Müll etc.) beseitigen zu können.

Zusätzlich tragisch ist die Tatsache, dass im Hafenbecken das Schwimmen eigentlich nicht erlaubt ist. Der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Reinickendorf, Peter Senftleben (SPD), betonte zwar, dass im Tegeler Hafen Badeverbot bestehe. Er räumte jedoch ein, dass vor dem tragischen Unfall keine Schilder darauf hingewiesen hätten. Doch wie sollen die Kinder und Jugendlichen, die dort übrigens regelmäßig baden (besonders bei den Temperaturen!) das wissen? Und Anastasia wohnt nicht in Tegel, sondern kam aus Oranienburg.
Versämnisse über Versäumnisse, für die hoffentlich die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden!
Es kann und darf einfach nicht sein, dass aufgrund von Nachlässigkeiten, Desinteresse u.ä. ein Kind zu Tode kommt.
Die Bevölkerung Tegels (und darüber hinaus) nimmt Anteil an diesem tragischen Unglück, eine Gedenkstelle am Hafenbecken ist auch schon vorhanden und wird von vielen Menschen besucht.

Es kann nur gehofft werden, dass den Eltern alle Hilfe und Unterstützung zuteil wird, die sie brauchen.

Wieder mal ein sinnloser, unnötiger Tod eines Kindes…
Und wieder sind die Worte Mascha Kalékos richtig:

"Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang,
Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.
Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?

Allein im Nebel tast ich todentlang
Und laß mich willig in das Dunkel treiben.
Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.

Der weiß es wohl, dem gleiches widerfuhr;
- Und die es trugen, mögen mir vergeben.
Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur,
Doch mit dem Tod der andern muß man leben."

(Memento)


Berliner Kurier

Berliner Morgenpost

taz.de


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Der Tatort

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Das Loch

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Das neue Verbotsschild

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Eine Idylle - der Tegeler Hafen

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