Buchtipp - Lutz van Dijk : “Auf Leben und Tod ”

Lutz van Dijk
Auf Leben und Tod. Wie in der Welt gestorben wird

Es gibt viele Bücher, die sich mit dem Thema "Tod" beschäftigen - mittlerweile eher zu viele.
Immer mehr Publikationen handeln vom "Richtigen Umgang mit dem Sterben", mit einem "Erfüllten Lebensende" oder von der hoffnungsvollen Aussicht einen beherrschbaren Endes - "Leben bis zuletzt".
Doch im Grunde leiden die meisten Ratgeber an Realitätsferne: Nichts ist am Ende beherrschbar, eine "Ars moriendi" existiert heute für die Allgemeinheit so wenig wie im Spätmittelalter.

Gerade deshalb bilden Bücher wie Lutz van Dijk’s "Auf Leben und Tod " eine positive Ausnahme: Bereits am Anfang des Buches nennt van Dijk auch den bedeutungsvollsten Grund: "Leben. So zerbrechlich . Das vergessen wir leicht.
Der Tod ist weit weg. Ausgegrenzt. Später. Nicht ich.
Das war nicht immer so. So ist es nicht überall."

Das Buch ist als Collage zu betrachten: Lutz van Dijk beschreibt das Thema "Sterben und Tod" durch verschiedene Epochen und Kulturen – und dies immer wieder ergänzt durch persönliche Erfahrungen. Er lässt in seinem interkulturellen Buch Menschen zu Wort kommen, deren Erfahrungen deutlich machen, wie sehr Leben und Tod zusammen gehören.
Gerade diese persönlichen Schilderungen machen deutlich, dass selbst uralte Einsichten zu Leben und Tod auch heute immer noch aktuell sind.
So geht es z.B. um Mythen der frühen Hochkulturen und Urvölker, um christliche und asiatische Weisheiten bis hin zum Atheismus. Ebenso werden Fragen nach dem "richtigen" Alter zum Sterben ("jung sterben", "alt sterben"), den Todesursachen und Todesformen sowie der Sterbe- und Trauerbegleitung gestellt.

Zitiert wird auf Seite 145ff. auch aus dem Roman "Rot" von Uwe Timm. Dort erwidert Lutz van Dijk auf die Äußerung einer Romanfigur, dass der Tod völlig an Bedeutung verloren hätte: „Die Antwort ist eine zynische: Der Tod ist allgegenwärtig, aber eben nur in seiner beständigen Verdrängung.“
Denn ein Tabu ist der Tod lange nicht mehr – und "offiziell" verdrängt (d.h., abgeschottet von der öffentlichen Wahrnehmung) auch nicht. Dafür sehen wir alle jeden Tag zu viele Tote in den Medien. Aber der Tod (und das Sterben und die Trauer) wird auf der persönlichen, individuellen Ebene, systematisch verdrängt – wie die Hilflosigkeit oder Ignoranz von Hinterbliebenen immer wieder zeigen.

"Auf Leben und Tod. Wie in der Welt gestorben wird" ist ein gutes, ein wichtiges Buch, das trotz des schweren Themas eine gewisse Leichtigkeit besitzt - und tröstlich ist.
Es ist unangenehm, sich mit seiner Endlichkeit auseinanderzusetzen. Und es passt nicht zum Körperkult und Schönheitswahn, zur Wellnessgesellschaft unserer Zeit.
Aber es macht deutlich, dass das Thema ausnahmslos jeden angeht – in jedem Alter.

Gebundenes Buch
188 S.
ISBN: 978-3-579-06875-6          
22,95 € [D]

Gütersloher Verlagshaus

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